Bundeskanzler Franz Vranitzky prägte einst den Satz: "Man kann schon sagen, dass die Pensionen sicher sind. Aber dann ist das Budget halt nicht mehr sicher." Diese Aussage beschreibt treffend die Diskussionen der letzten Jahre: eine Mischung aus Beschönigung und der Weigerung, sich den demografischen Realitäten und den damit verbundenen budgetären Herausforderungen zu stellen.
20 Jahre Stillstand – oder schlimmer noch: Rückschritte
Die letzten großen Reformen im Pensionsbereich liegen bereits zwei Jahrzehnte zurück. Unter Kanzler Schüssel wurde mit dem Allgemeinen Pensionsgesetz nicht nur eine Harmonisierung umgesetzt, sondern durch das Pensionskonto auch mehr Leistungsgerechtigkeit und ein erster Schritt in Richtung Nachhaltigkeit geschaffen. Mit der Abfertigung Neu wurde zudem versucht, eine zweite Säule in der Altersvorsorge zu etablieren.
Seitdem herrscht jedoch Stillstand – oder gar Rückschritte:
- Wiedereinführung der abschlagsfreien Hacklerregelung (im Zeitraum 2017-2022)
- Frühstarterbonus
- Pensionsbonus für niedrige Einkommen
- Aufweichung von Wartefristen
- Pensionsanpassungen über der Inflation hinaus
Das hat seinen Preis: Die finanzielle Belastung der Erwerbstätigen steigt stetig, und gleichzeitig wächst die Unsicherheit, ob künftige Generationen noch ein angemessenes Leistungsniveau erhalten werden. Auch der Anteil der Pensionsausgaben am Staatshaushalt bemessen am BIP steigt bis 2030 auf 15,0%, während es in Schweden zum selben Zeitpunkt nur 7,6% sind - also ziemlich genau die Hälfte (Ageing Report 2024 - EU Kommission, S. 204).
Kurzfristige Wahlgeschenke mit langfristigen Folgen
Auf dem Altar des kurzfristigen Wahlerfolgs wurden Beschlüsse gefasst, die kommende Generationen mit milliardenschweren Belastungen konfrontieren – oft ohne jegliche Gegenfinanzierung. Der Budgetdienst des Parlaments hat diese Fehlentwicklungen detailliert analysiert, etwa zur Hacklerregelung oder zu Pensionsanpassung über der Inflationsrate. Auch die Alterssicherungskommission hat mehrfach darauf hingewiesen, dass der aktuelle Kurs nicht nachhaltig ist.
Wir NEOS haben diese Fehlentwicklungen nicht nur konsequent kritisiert, sondern oft als einzige Partei klare Gegenmaßnahmen vorgeschlagen und verantwortungslose Beschlüsse abgelehnt.
Warum Reformen jetzt unvermeidlich sind
Die Notwendigkeit, das Pensionssystem nachhaltig zu gestalten, war einer der Hauptgründe, warum wir in Koalitionsverhandlungen eingetreten sind. Als sich jedoch zeigte, dass die budgetäre Realität ignoriert wurde und keine Fortschritte möglich waren, war dies für uns der Grund für den Ausstieg.
Nun kehrt Realitätssinn in die Budgetpolitik zurück. Die notwendige Budgetsanierung wird auch durch mehr Nachhaltigkeit im Pensionssystem unterstützt. Bis 2030 sollen die jährlichen Einsparungen als 2,9 Milliarden Euro (bis 2028 bereits 1,45 Milliarden Euro) betragen.
Die Trendwende: Nachhaltigkeit statt Schuldenpolitik
Wie wird diese Trendumkehr erreicht? Durch einen Mix aus Maßnahmen, die das faktische Pensionsantrittsalter erhöhen sollen, insbesondere durch eine Steigerung der Beschäftigungsquote der 55- bis 64-Jährigen. In diesem Bereich liegt Österreich weit unter dem europäischen Durchschnitt, und diesen Aufholbedarf müssen wir endlich ernsthaft angehen.
Während 55- bis 64-Jährige in Österreich nur zu 57,3 % in Beschäftigung sind, liegt dieser Wert in Deutschland bei 74,6 % und in Schweden sogar bei 78 %, und damit um mehr als ein Drittel höher als in Österreich (Eurostat - 2023). Laut dem Ageing Report 2024 der EU-Kommission wird sich die Beschäftigungsquote ohne politisches Eingreifen in dieser Alterskohorte auch bis 2070 auf nur 67,1 % erhöhen (Ageing Report 2024: Austria-Country Fiche - EU-Kommission S. 11). Damit wäre Österreich in 45 Jahren noch immer nicht dort, wo die Spitzenländer schon heute sind. Deshalb müssen wir hier Maßnahmen setzen, um Arbeiten im Alter attraktiver zu machen:
1. Länger gesund arbeiten
Hier setzen wir insbesondere mit einer Reform des Reha-Geldes an. Nach zehn Jahren ist es höchste Zeit für Anpassungen: zeitliche Befristungen, regelmäßige Kontrollen und vor allem eine Abkehr vom "Alles-oder-Nichts-Prinzip". Mit der Einführung der Teilarbeitsfähigkeit wird es möglich, trotz gesundheitlicher Einschränkungen teilweise am Arbeitsmarkt aktiv zu bleiben, anstatt sofort in eine volle oder dauerhafte Pension zu wechseln. Gerade mit Blick auf die zunehmenden Vermittlungshemmnisse durch chronische und psychische Erkrankungen ist dies ein dringend notwendiger Schritt.
2. Flexible Übergänge in die Pension
Die Altersteilzeit wird teilweise durch eine echte Teilpension ersetzt. Das bringt mehr Beitragswahrheit, Leistungsgerechtigkeit und Flexibilität.
3. Bessere Umschulungsmöglichkeiten
Eine langjährige NEOS-Forderung wird umgesetzt: Für Menschen in besonders körperlich belastenden Berufen gibt es präventive Umschulungsangebote, um die individuellen Möglichkeiten für ein längeres Erwerbsleben zu verbessern.
4. Einschränkungen bei Frühpensionen
Das niedrige Antrittsalter liegt nicht nur an fehlenden Jobchancen oder gesundheitlichen Problemen, sondern auch daran, dass das System Frühpensionierungen oft attraktiver macht als Weiterarbeiten. Daher braucht es Anpassungen: die Anhebung des Antrittsalters bei der Korridorpension sowie höhere dafür erforderliche Versicherungsjahre.
Ein nachhaltiges Budget und ein Stoppschild für Schuldenpolitik
Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass der Budgetpfad im Pensionsbereich eingehalten wird. Schon 2026 sollen die Einsparungen bereits mehrere hundert Millionen Euro betragen, bis 2030 dann 2,9 Milliarden Euro.
Ob das reicht? Wir NEOS glauben, dass weitere Reformen notwendig sein werden, um die langfristige Finanzierbarkeit zu sichern. Deshalb haben wir einen gesetzlichen Nachhaltigkeitsmechanismus verhandelt:
Falls der Budgetpfad bis 2030 nicht eingehalten wird, ist die Regierung verpflichtet, weitere Maßnahmen zu setzen, um die finanzielle Stabilität sicherzustellen.
Hier ist für uns klar: Es wird weitere Einschränkungen bei Frühpensionierungen brauchen. Und vor allem eines: die Ehrlichkeit und Klarheit, dass ohne eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters und eine Abbildung der steigenden Lebenserwartung keine Nachhaltigkeit im Pensionssystem möglich sein wird. Noch nie war die Tür zu einem solchen Pensionsautomatismus so weit offen, wie mit diesem gesetzlichen Nachhaltigkeitsmechanismus. Wir NEOS werden den Fuß in der Tür lassen, damit sie sich nicht wieder schließt.
Ein erster Schritt, aber noch nicht das Ziel
Dieses Regierungsprogramm mag für einige angesichts unserer Reformansagen im Pensionsbereich zu wenig sein. Doch es ist ein wichtiger Anfang: ein Stoppschild für kurzfristige Wahlgeschenke auf Kosten der Zukunft und der Beginn einer Trendwende bei der Belastung des Bundesbudgets durch die explodierenden Pensionsausgaben.
Zum ersten Mal seit 20 Jahren sitzt nun eine Partei im Ministerrat am Tisch, die mutige Reformen in der Pensionsthematik vorantreibt. Diese Aufmerksamkeit für unser Anliegen hätten wir durch Anträge oder Reden im Parlament nie erreicht – sondern nur durch unseren Platz am Verhandlungstisch.
Sind die Pensionen jetzt sicher? Nein. Aber das Budget ist es ein kleines bisschen mehr.
(PS: Damit die Pensionen langfristig sicher werden, braucht es vor allem eines: stärkere NEOS und Verbündete. Wie du das unterstützen kannst? Schau rein unter neos.eu/mitamachen und bleib informiert über meinen Newsletter)
Drei beispielhafte Anträge, die unsere Bemühungen in der Vergangenheit widerspiegeln